Dienstag, 5. Januar 2016

In Deutschland...



…gibt es eine echte Willkommenskultur. 

Menschen stehen nicht bei Minusgraden vor Behörden und warten auf den ersehnten Einlass. Es ist nicht so, dass sich bei eben diesen Behörden seit Wochen und Monaten gar nichts tut, mehr oder weniger fesche Anzugträger an ihren Stühlen kleben und nur ehrenamltich tätige Menschen, das Überleben anderer Menschen sichern.

Jugendliche werden nicht aus pädagogischen Gründen ohne Winterkleidung den ganzen Tag auf die Straße geschickt und dürfen nur zum Schlafen die Einrichtung betreten, nur weil sie schwierig sind und sich nicht an Regeln halten.

Gut ausgebildete Betreuer sehen wenn es Jugendlichen schlechter geht und kümmern sich individuell um deren Bedürfnisse. Jugendhilfeeinrichtungen bieten zunächst eines: einen sicheren Ort. 

Kulturelle Sensibilitäten werden respektiert, zum Beispiel beim Esse, gerade wenn es nicht mehr kostet als ein Einkauf bei Aldi oder Lidl. 

Menschen behandeln andere Menschen wie Menschen mit Respekt und Toleranz. Es wird Hilfe zur Selbsthilfe geleistet.

Im Helfersystem gibt es ein miteinander und kein gegeneinander. 

Es werden nicht 1000e Euros für absurde Untersuchungen ausgegeben, sondern gesetzliche Vorschriften werden einfach eingehalten. 

Es geht nicht um Macht sondern um Respekt vor der Individualität und den Bedürfnissen der anderen. 

….verdammt der Wecker klingelt. Aber der Traum war doch nett.

Donnerstag, 31. Dezember 2015

Das Jahr 2015





eigentlich hatte ich mir ja fest vorgenommen regelmäßig zu bloggen, aber auch meine Tage haben nur 24 Stunden und diese gehen seit dem Sommer 2015 schneller vorbei als ich „Teddybärisierung“ sagen kann.

Was für ein Jahr! Als ich im Frühsommer gefragt wurde, ob ich nicht auch die Vormundschaft für zwei minderjährige unbegleitete Flüchtlinge übernehmen würde, habe ich nicht damit gerechnet, dass aus zweien mal sehr sehr sehr viele werden und diese Kinder und Jugendlichen nicht nur mein berufliches Leben sondern meine Ansichten über die Welt, die Menschen und das Leben an sich so durcheinanderwirbeln würden.

Aktuell ist mein jüngstes Kind 11 und die Ältesten morgen 18 Jahre alt. Man braucht viele Hände und Füße, um meine „Arbeitskinder“, wie meine jüngste Tochter sie nennt, zu zählen. Dennoch habe ich zu jeder Akte ein Gesicht und eine Geschichte. Ich weiß um  verlorene, verwundete und getötete Eltern, Geschwister und Angehörige, Folter, Mord, Missbrauch, Zwangsheirat und überlebte Selbstmordattentate....Geschichten, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Diese jungen Menschen haben ihre Länder nicht aus Lust und Laune verlassen. Sie haben alles aufgegeben, alles verloren, Menschen auf der Flucht sterben sehen...Nie werde ich die Worte eines Jungen vergessen, der mir sagte: „Das Boot hinter uns ist gesunken und alle sind ertrunken!“

Neben all dem Leid sind diese Kinder- und Jugendlichen aber immer noch in der Lage zu singen und zu tanzen, anderen Menschen zu helfen und eine Freude zu machen. Da werden von wenigem Taschengeld Weihnachtsgeschenke für Betreuer gekauft und nicht etwa die günstigsten Ohrringe ausgewählt, sondern die schönsten, weil die Betreuerin das verdient hat. Nie werde ich meinen letzten Geburtstag vergessen. Die Liebe die sie darauf verwendet haben, um alles für mich vorzubereiten. Ich bin kein sooo großer Geburtstagsfan, aber diesen werde ich niemals vergessen!

Bei meinen „Arbeitskindern“ liegen Licht und Dunkelheit so nah beieinander. Schönes und Schlechtes wechseln sich ab.

Es gilt im neuen Jahr viele Probleme zu lösen. An erster Stelle steht für mich von meinen Jungs nie wieder hören zu müssen, dass sie sich hier bei uns nicht willkommen, nicht gewollt fühlen. Sie sind gewollt von mir und von vielen anderen und sie haben eine faire Chance verdient. Aktuell werden sie in vielen Fällen nur als Kostenfaktor und als Belastung angesehen. Es schafft sich gerade ein zweites Jugendhilfesystem und zwar eins 2. Klasse

 Da höre ich vom Inhaber des staatlichen Wächteramtes in Sachen Kinderschutz: „Also nein, wegen einem Flüchtlingskind gehen wir gar nicht erst los! Das  nehmen wir nicht in Obhut, denn da kriegen wir ja das Geld nicht wieder!“ Da wird gedroht mit teilweise absurden Konsequenzen, Gerichtsverfahren provoziert und Kosten in Kauf genommen, die bei einer kooperativen Zusammenarbeit hätten gespart werden können...Ich könnte hier mehr ins Detail gehen, das will ich aber nicht, denn vielleicht lesen und verstehen das meine Jungs. Sie sollen wissen, dass sie gewollt sind, dass dieser Bereich nur einen Teil der Gesellschaft ausmacht und dass ein großer Teil bereit ist zu helfen.

Für 2016 Ich wünsche mir keine Sätze mehr zu hören wie: „Ich habe mein Land verlassen, alles verloren und hier will mich auch keiner!“ Ich wünsche mir, dass individuell auf jedes Kind und jeden Jugendlichen geschaut wird, was er oder sie wirklich braucht. Nur weil diese jungen Menschen ganz alleine den Weg nach Deutschland bewältigt haben heißt das nicht, dass sie hier keine Hilfe mehr brauchen. Es bedeutet nicht, dass sie erwachsen sind. Auch wenn sie vielleicht reifer sind als viele deutsche Kinder in ihrem Alter. Diesen Kindern und Jugendlichen fehlt meiner Meinung nach das Elementarste zum Wachsen und Reifen, ihre Familie. Sie müssen sich in einer neuen Gesellschaft zurechtfinden, eine neue Sprache lernen, sich neuen Gegebenheiten anpassen und das alles ohne den sicheren Hort der Familie und  manchmal auch ohne einen sicheren Ort hier in Deutschland.

Manchmal schäme ich mich für das System in Deutschland. Nein viele Dinge kann ich nicht nachvollziehen, weder als Juristin noch als Mensch. Da wird Recht gedehnt und teilweise willkürlich ausgelegt, aus Kostengründen, aus Überforderung...Ein Notfallplan löst den nächsten ab, dabei sollten wir alle langsam aufhören überrascht zu sein. Ja, es kommen viele Flüchtlinge und ja, es macht richtig viel Arbeit. Aber es ist langsam an der Zeit mit der Situation rechtstaatlich und nicht willkürlich umzugehen

Ich wünsche mir 2016 eine kooperative Zusammenarbeit mit Ämtern, Behörden, Einrichtungen und Institutionen jenseits von Eitelkeiten und Befindlichkeiten. Wir haben alle nicht die „Weisheit mit Löffeln gefressen“, aber jeder verfügt über einen großen Erfahrungsschatz, Wissen und meistens auch über echte Kompetenz. Wirft man die in einen Topf und stellt sein eigenes Ego hinten an, kann etwas richtig Gutes draus werden für alle- für die Kinder- und Jugendlichen und für unser Land. Tja, ich sagte ja, ich glaube nicht an Magie, aber manchmal darf man doch hoffen....

Für meine „Arbeitskinder“ wünsche ich mir 2016 das sie ihren Weg gehen, dass sie ihre Stimme nicht verlieren, dass sie ihre Persönlichkeit behalten trotz ihrer Bemühungen sich Anzupassen und sich ihr unglaubliches Lachen und ihre positive Energie bewahren. Sie sind jeder Einzelne etwas ganz Besonderes! Jeder Einzelne hat ein Recht auf eine faire Chance in unserem Land!

Für uns alle wünsche ich mir Gelassenheit und Freundlichkeit, ein weites Herz und einen klaren Verstand. Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht zu Ende. Auf in ein rockiges Jahr 2016.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Passierschein A 38

Nein, es ist nicht so, dass ich nicht schreiben möchte. Die Tage sind nur schneller um als ich gucken kann. 

Aktuell versuche ich den weltberühmten Passierschein A 38 zu beantragen. Man erinnere sich an die kleine 5jährige Afghanin für die ich noch als Vormund eingesetzt bin. Hocherfreut kam die Mitteilung, dass die Eltern da sind. Noch am selben Tag schrieb ich ans Landesamt für Migration und Dingensbums...dass ich hier Vormund für ein Kind bin, dass bereits in einen Kindergarten geht und dass es total super wäre, wenn die Eltern dieser Stadt zugewiesen werden, da da auch der Bruder des Kindesvaters, wo tiefgehende Kontakte meines Mündels bestehen, wohnt und so...Für die Zuweisung sprachen ja zwei wirklich gewichtige Punkte. 

Irgendwann erhielt meine Lieblingsmitarbeiterin des Jugendamtes eine kryptische Mail mit der Info, dass das Kind ja beim Vormund im Dorf x wohne und ob es da schon Bindungen hätte etc., denn dann würde man die Eltern dort hin verteilen. STOPP- schrie da alles hin mir. Das Kind wohnt doch gar nicht bei mir und überhaupt...

Anruf beim "einem Amt"- die Dame 1 war nett und teilte mit, dass sie mein Fax ans Landesamt für Migration und Wahnsinn nicht gesehen habe. Man würde die Eltern in den Landkreis verteilen, eventuell in meinen Wohnort. Redlich bemüht war ich der Dame alles erneut zu kommen zu lassen und nochmal ein bisschen zu betteln, die Eltern doch möglichst - unter dem Wissen der wenigen Möglichkeiten- in die Stadt des Kindergartens zu verteilen. (Die Dame vergaß aber zu verraten, dass ich bei ihr dann die Zuweisung des Kindes zu den Eltern hätte beantragen müssen oder doch bei wem anders?) 

Kurze Zeit später trudeln Rechnungen ein, denn Anträge auf Geldmittel wurden abgelehnt mit dem Hinweis der Unzuständigkeit. 

Ich telefoniere mit Dame 2. Dame 2 ist auch total nett. Sie sagt, dass die Eltern leider an den A.... der Heide verteilt wurden und es doch total nett wäre, wenn das Kind nicht gleich am Einzugstag aufliefe. Gesagt getan, ich dem Onkel- der sich sowieso nicht an das hält was ich ihm sage- gesagt: "Lieber Onkel, die Eltern kommen dann und dann. Bitte bringe das Kind erst dann und dann dahin!" (ich habe selbst noch zwei Tage drauf geschlagen, weil ich wusste, dass der Onkel mindestens drei bei mir abziehen würde) Onkel: "Natürlich Frau Vormund, Du kannst Dich auf mich verlassen!"  Ein Schelm wer da Böses denkt....

Die süße Arzthelferin des Kinderarztes telefoniert mit Dame 3, die droht das Jugendamt einzuschalten, wenn das Kind bei den Eltern ist, was mir wiederum ein müdes Lächeln entlockt und einen Vortrag darüber, dass hier nur das Sorgerecht ruht und kein Sorgerechtsentzug stattfand und das Gericht mitnichten prüfen wird ohne Anlass, ob die Eltern erziehungsfähig sind. Dame 3 sagte, dass ich das doch gar nicht wisse und am Ende als wir uns wieder vertragen haben, verwies sie mich darauf, dass das die Chefin von Dame 1 ihr der Dame 3 das Kind zuweisen müsse, denn sonst könne das Kind kein Geld bekommen. 

Mittlerweile fragte die super tolle Dame 4 schon nach, warum das Kind nicht zugewiesen sei. So stellte ich dann erneut einen Zuweisungsantrag bei Dame 5, die mich daraufhin anrief und sagte, dass sie gar nicht zu weisen könne und Dame 3 solle sich mal nicht so anstellen. Ich solle Dame 3 mal schreiben, dass sie Kosten übernehmen solle. Es wäre bei ihr ja auch kein Problem, denn ab 1.12. hätte die Familie eine Wohnung in der Kindergartenstadt (da ist der Kindergartenplatz aber schon weg) und da wäre das Kind ja ordnungsgemäß geführt. Bis zum 1.12. existiert das Kind dann also quasi nicht. Also es lebt. Es geht ihm gut, denn davon habe ich mich überzeugt. Asyl - und Ausländerrechtlich ist auch alles gut, aber so geldmäßig gibt es das Kind nicht. 

Verrückte Welt!! Verrückte verrückte verrückte Welt!

Samstag, 3. Oktober 2015

Katerstimmung? Wie jetzt?!? – das Ende der Teddybärisierung



Wenn ich überhaupt noch Zeitung lese, dann lauten die aktuellen Überschriften wie folgt:

  • Katerstimmung 
  • Deutschland kommt an seine Grenzen
  • Im Sommer waren die Flüchtlinge noch dankbar
  • Das Sommermärchen ist vorbei

Herr de Maiziere beklagte mangelnde Dankbarkeit und eine übersteigerte Anspruchshaltung. Herr Gauck warnt vor Fundamentalisten. Natürlich finden sich in den genannten Texten, Ansprachen und Artikeln auch andere und gut nachvollziehbare Argumente, aber die sind ja oft nicht aufreizend genug, um zitiert zu werden.

Diesen „ob das mal gut geht Ton“- finde ich irgendwie demotivierend. Ich empfinde ihn irgendwie auch als Schlag ins Gesicht für die vielen Helfer die nun seit Wochen und Monaten das leisten, was der Staat nicht auf die Reihe bringt. Ich sehe tagtäglich die Betreuer und Betreuerinnen in „meinem“ Kinderhaus, die Dinge tun, die weit über ihren eigentlichen Job hinausgehen. Ich finde, dass die Herren in den schicken Anzügen, sich hier mal die „berühmte Scheibe abschneiden“ können. Täglich wird sich neu justiert, gelegentlich neu gestartet, um unter der Beachtung der Bedürfnisse der Jugendlichen diesen bei der Integration zu helfen. 

Integration geschieht nicht automatisch beim Grenzübertritt. Es kommen auch keine Roboter ins Land sondern intelligente Menschen mit einer Persönlichkeit und einer Geschichte – häufig einer dramatischen Geschichte.

Integration ist ein Weg, ein ziemlich holpriger und langer- nicht nur wenn man gerade in der Pubertät ist, 1000e km allein zurückgelegt hat und seit drei Wochen keinen Kontakt zu „Mama und Papa“ hatte, weil der Heimatort gerade bombardiert worden ist.

Integration kann aber gelingen, wenn beide Seiten offen sind, neugierig und respektvoll. 

Und ja, ich finde, dass wir hier in Deutschland erstmal ein bisschen was von dem oben gesagten investieren müssen, bevor ein ähnliches Level vom Gegenüber erwarten können. Es ist letztlich nur die Gnade unseres Geburtsortes – um es mit den Worten von Karim El-Gawhary zu sagen-, die uns auf die Seite der Helfer bringt und nicht auf die Seite der Hilfsbedürftigen. Wir können unsere Muttersprache. Wir kennen uns mit den örtlichen Gegebenheiten aus und kennen den deutschen Alltag, den wir schätzen und der uns auch ein bisschen verrückt macht. Wir wissen, dass wir von den Polizeikräften keine Gewalt erfahren, dass Gerichte „Recht sprechen“, auch wenn es uns manchmal nicht gefällt.

Manchmal, wenn ich etwas beantragen möchte, privat oder beruflich, oder wenn ich wegen der Regelung bestimmter kleiner Formalitäten mit großer Wirkung an einem Meeting teilnehmen muss, fühle ich mich wie Asterix und Obelix auf der Jagd nach Passierschein A 38. Wie fühlen sich die Menschen, die ganz frisch zu uns ins Land kommen dann erst? "AbendBROT"- "Mülltrennung"- "Formulare".... Hilfe!

Meine Erfahrung: Reden! Reden hilft! Nachfragen: wieso ist das so und so? Wieso reagiert der jetzt so? Warum machen die das so und so? Woher soll man denn wissen, dass in bestimmten Ländern Knäckebrot als Henkersmahlzeit genommen wird. Wenn man das weiß, dann sind die Beschwerden übers Essen auch nachvollziehbar. Wenn man weiß, dass es in den Herkunftsländern gar nicht unser „AbendBROT“ gibt, dann kann man das Gemotze der Jungs darüber nachvollziehen und erklären, dass das hier eben anders ist und irgendwie eine Mitte finden. 

Reden, reden, reden- diskutieren, klären, reden…und manchmal auch sagen: das ist jetzt einfach so- PUNKT! Es gibt nicht viel Diskussionsfreiraum zum Thema „Pünktlichkeit in der Schule“, denn zehn andere hätten gern den Schulplatz. Beim Thema „Essen“ und „Mülltrennung“ bin ich da schon flexibler. Wer redet, dem kann geholfen werden! 

Na ja, und so als Privatmensch wünsche ich mir viel mehr Klarheit und Transparenz gerade so auf politischer und lokaler Ebene. Ich finde es wichtig, dass die Menschen informiert werden, über die Dinge, die ablaufen. Menschen sollten wissen, ob, wann und wie in ihre Gemeinden Flüchtlinge kommen. Wie die Flüchtlingskinder Kindergartenplätze und Schulplätze kriegen? Menschen sollten wissen, wie die Hilfe organisiert wird und wie sie sich einbringen können. Fehlende Transparenz führt zu Unmut in der Bevölkerung und zu Ängsten. 

Zu Unmut führt es auch, wenn die ehrenamtlichen Helfer auf „Halde“ gelegt werden. Nehmen wir mal das Beispiel Vormundschaft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge: Natürlich ist eine Vormundschaft für einen minderjährigen unbegleiteten Flüchtling eine Herausforderung und eine komplexe Aufgabe, aber auch kein Hexenwerk, das ein abgeschlossenen Hochschulstudium, drei akademische Grade und 10jahre Auslanderfahrung nebst fünf eigener großgezogener Kinder erfordern. Es ist machbar, wenn die ehrenamtlichen Vormünder Unterstützung und Hilfen erhalten.

Manchmal fehlt an den wichtigen behördlichen Stellen, was ich an anderen Stellen so oft erlebe. Pragmatismus! Pragmatismus hat übrigens nichts mit rechtlich nicht korrektem Handeln zu tun. Das deutsche Recht bietet ausreichend Raum um – „Einfach mal zu machen“, ohne 27 Anträge, drei Arbeitskreise und fünf Bescheinigungen. Eines der besten Beispiele war eine Familienzusammenführung, die ich mit Helfern vor Ort organisiert habe- unkonventionell, pragmatisch und schnell. Abchecken, ob es die passenden Eltern zu den vorhandenen Kindern sind. Hinfahren an die Containertür klopfen und freuen! Da hatte ich einfach Lust „überengagiert“ zu sein und so gar keine Lust die „Dynamik“ herauszunehmen, wie es die Ämter gern gehabt hätten. Ich fand es auch so gar nicht verwerflich, dass sich die Eltern noch nicht in die Spur gemacht hatten, da sie einfach keinerlei Sprachkenntnisse und Ansprechpartner hatten. Die Kinder schon. Sie hatten das Kinderhaus und mich! 

Nun genug der Schwafelei. Bei mir ist von Katerstimmung keine Spur, aber ich glaube auch, dass nun eine neue Phase angebrochen ist. Es geht ums Weitermachen, um die nächste Stufe der Entwicklung so zu sagen. Es geht auch ums Aushalten und Halten! Es geht auch um Verständis- wo bei ich wirklich kein Freund von "Räucherstäbchenduft geschwängertem ins Gefühl atmen" bin. Manchmal muss die Bürokratie zurücktreten, weil die Lage in Afghanistan – in Kunduz- eskaliert. Ich bekomme es zwar mit und bin auch bemüht Trost zu spenden, aber die Hauptaufgabe liegt bei den Betreuern, die im Arm halten, Wut aushalten und trösten. Diese Aufgaben sind dann wichtiger als die wichtigste Mail oder Infos die normalerweise fließen würden. Es ist nichts nur schwarz und nichts nur weiß! Es ist immer irgendetwas dazwischen und eine Frage der Abwägung.