Sonntag, 27. September 2015

Opferfest- Familienfest ohne Familie

Tja, täglich steht man vor neuen Fragen? Wie feiert man mit jungen Menschen, die ihre Familie hinter sich lassen mussten, die teilweise nicht wissen, ob die Angehörigen noch leben oder eben doch wissen, dass es nur noch sie gibt -ein Familienfest?

Das Opferfest ist (zumindest lt. meinem Wissen und dem von Wikipedia) das höchste islamische Fest. Es fand dieses Jahr vom 24.09. bis 27.09. statt.


Neben einem Moscheebesuch in Hamburg mit dem Fußballtrainier Masood haben der Fußballverein SV Türkspor und das  Kinderhaus auch dafür gesorgt, dass der Freitagnachmittag nicht nur für die Jungs besonders war. Not und Sorgen durften eine Runde Pause einlegen.

Freitag war neben dem regulären Training auch noch die afghanische Fußballelite am Start. Also nicht, dass ich jemanden davon kennen würde. ;-) An den Jungs habe ich jedoch ungefähr denselben Gesichtsausdruck wahrnehmen können, wie bei meiner Tochter als sie Taylor Swift live sah. Es muss also wirklich etwas ganz ganz Besonderes gewesen sein.

Nach dem Training hatte der SV Türkspor Bad Oldesloe hatte ein Grillfest organisiert.  Zu Beginn des Abends hatte ich zwar kurzzeitig Zweifel, ob die Jungs wirklich regelmäßige Mahlzeiten erhalten, aber dann erinnerte mich daran, dass es sich hier um Jungs zwischen 14 und 17 handelt, die einfach wohl immer Hunger haben und Essen können als gäbe es kein Morgen. Und zur Sicherheit nochmal deutlich: Natürlich kriegen die Jungs täglich ausreichendes Essen!

Gentlemanlike waren alle bemüht ihr Essen meiner großen Tochter aufzuschwatzen bzw. zu teilen, die sich nur mit Mühe gegen diese Fürsorge wehren konnte. Die Jüngste war sich irgendwann nicht mehr sicher ob sie von der Aufmerksamkeit begeistert oder genervt sein sollte. Ständig wollte sie einer auf den Arm nehmen. Sie hatte irgendwann keine Lust mehr zu sagen, wie alt sie ist und wie sie heißt. Da half es auch wirklich nicht, dass ich ihr den Stellenwert von Familie und kleinen Geschwistern in diesem Kulturkreis erklärte und dass die Jungs sich einfach freuten an ihr Deutsch zu üben.;-) Wenn Nr. 2 nicht will, dann will sie nicht. Das wiederum entmutigte meine Jungs nicht und sie gaben sich redlich Mühe meine 5jährige um ihren Finger zu wickeln.  Aber spannend war es dann doch für beide Töchter, da niemand im Laufe des Abends fragte, wann wir denn endlich nach Hause fahren.

Ich war damit beschäftigt zu plaudern, zu lachen, zu ärgern, zu necken und auch in den Arm zu nehmen. Tief berührt war ich davon, wie mir kleine Geheimnisse anvertraut wurden und wie die ruhigsten Jungs plötzlich locker und fröhlich wurden. Ich kenne jeden Namen und jede Geschichte und deshalb ist jedes Lachen wirklich sehr viel wert für mich. Ich weiß, dass die Jungs im Alltag sicher oft fröhlich sind, aber diesen Alltag teile ich nicht mit ihnen und das ist auch in Ordnung. Um so wichtiger sind für mich diese kleinen Ausschnitte.

Auch an diesem Abend gab es einige die nicht entspannen konnten. Auch hier war Raum für Gespräche und Trost. 

Es war ein Abend der Raum für alles und für jeden mit all seinen Facetten ließ- so wie es in einer Familie sein sollte. Nicht rosarot, ein bisschen angeschlagen, aber irgendwie warm und kuschelig. Na ja, und nicht zuletzt können meine Jungs auch eins richtig gut- Stimmung machen! :-) 
 




Freitag, 25. September 2015

Nichts ist mehr wie vorher...

Guten Tag miteinander,

die Flüchtlingskrise 2015 beschäftigt nahezu alle Menschen in Deutschland. Auch mein recht ruhiges Leben hat sie aufgerüttelt mit der Zusage beruflich die Vormundschaft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge zu übernehmen. Beruf und Ehrenamt sind seitdem untrennbar. Recht und Wahnsinn ebenso. Vieles was für mich rechtlich zwar nachvollziehbar ist, beisst sich gewaltig mit meinem gesunden Menschenverstand. 


Dennoch: ich habe die Arbeit meines Lebens, aber ich habe auch den Spass meines Lebens. Ich lerne Menschen kennen, deren Herz ist so groß wie die halbe Welt. Ich lache, ich schimpfe und bin manchmal richtig platt.

Und natürlich sind da "meine Arbeitskinder"- "meine Jungs"- Jugendliche die vor Krieg und Tod geflohen sind, die als "Lichtblick" für ganze Familien nach Deutschland gekommen sind, um ein neues Leben anzufangen, die ihre Vergangenheit verarbeiten, dass "Hier und Jetzt" ebenso mal wuppen und diee Zukunft gestalten müssen. Ich habe sie alle- jeden einzelnen- sehr gern. Sie sind süß und bezaubern aber auch nervtötend und sehr pubertär. Sie sind nicht anders als deutsche Teenager und doch tauche ich teilweise in eine völlig andere Welt ein. Das ist schwer in Worte zu fassen.

Nun habe ich mich entschieden zu bloggen. Ich bin kein Schreiberling und mitnichten konsquent, aber ich finde, dass es wichtig ist, mein Wissen zu teilen und auch der Welt zu berichten, wie der Alltag so aussieht, vor welchen Hürden die Kinder- und Jugendlichen und auch ich so stehen und wie klasse es ist, als Vormund zu arbeiten.

Natürlich weiß ich, dass einzelne Schicksale immer sehr spannend sind, aber ich bin auch dazu da, die Jugendlichen zu schützen und werde keine Einzelschicksale im Detail veröffentlichen. Die Persönlichkeitsrechte und die Privatsspäre der Kinder - und Jugendlichen sind mir heilig. Und auch, wenn ich mich sehr oft maßlos über Ämter und Behörden aufrege, so respektiere ich auch die Persönlichkeitsrechte jedes einzelnen Menschen. Ich sehe was die Einzelnen leisten und bin nicht gewillt jemanden "in den Dreck" zu ziehen, was nicht heißt, dass ich mir nicht erschließbare Zu- und Umstände nicht kritisiere.

Ok. ich probiere es mal mit dem "bloggen".